Es war einmal eine liebe kleine Omi, die ihre Enkelin das Zaubern lehrte.
An einem trüben Herbsttag besuchte die Enkelin ihre liebe Oma. Gemeinsam gingen sie hinunter in Omas Gruselkeller, um dort zu experimentieren, doch das Experiment scheiterte. Die Oma schenkte ihrer süßen Enkelin den Rest vom Zaubertrank mit der Formel. Die Enkelin fuhr mit ihrem Fahrrad zum Marktbaum am Neumarkt. „Vielleicht wirkt es ja bei dir!“, meinte die Enkelin fröhlich und goss den Rest vom Zaubertrank neben den Marktbaum. Der Wachstumstrank wirkte zwar nicht, wie er sollte, aber am nächsten Tag um neun Uhr morgens
tanzte der Marktbaum wie eine Ballerina über den Neumarkt. Erschrocken und verwundert schauten die Leute zu, wie der Marktbaum auf seinen Wurzeln tanzte. Er bog sich nach vorn, nach hinten, nach rechts und nach links.
„Wie, unser Marktbaum kann tanzen?“, rief der Bürgermeister verwundert, eilte ins Doppelrathaus, kam schnell wieder mit einigen Leuten heraus und zeigte zum tanzenden Marktbaum. Alle schauten fröhlich und vergnügt den tanzenden Marktbaum an, einige klatschten. Die Presse eilte herbei, um
darüber zu berichten. Der Marktbaum tanzte zurück und stand still an seinem Platz.
„Die Europäische Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 hat einen tanzenden Marktbaum“
… las man am frühen Morgen in den Medien. Viele Leute reisten an, alle standen rings um den Neumarkt kurz vor neun Uhr morgens. Um neun Uhr morgens hüpfte der Marktbaum aus seinem Loch und fing flott an zu tanzen. Die Leute klatschten fröhlich gelaunt in die Hände, einige tanzten
mit ihm. „Wie schön!“, rief eine Oma und schwang die Beine neben dem Marktbaum. Nach einer Dreiviertelstunde hüpfte der Marktbaum zum Loch und stand wieder ganz still an seinem Platz. „Bis morgen!“, rief die Oma und alle eilten mit ihren Videoaufnahmen davon, auch die Presse. Am Ende der Woche war der Spuk vorbei, alle kamen, aber der Marktbaum blieb still an seinem Platz
stehen.
© Heiko Wohlgemuth